Ansatz & Philosophie

Meine Perspektive bei Supervision, Coaching, Beratung und Training

Auch wenn es wichtig ist, in Arbeitssituationen kulturelle Unterschiede in den Blick zu nehmen, besteht eine reale Gefahr, dabei in Klischees oder Karikaturen zu verfallen und damit Menschen nach ihrer Herkunftskultur zu klassifizieren.

Tatsächlich unterscheidet sich ja jeder Mensch über seine Herkunft und Kultur hinaus auch durch Persönlichkeit, Charakter und soziale Prägung von den anderen. Bevor wir irgendwelche Schlussfolgerungen über die Beziehung des Anderen zu Zeit, Raum oder anderen Kategorien ziehen, ist es wichtig, dass wir lernen, unseren Gesprächspartner ohne Vorurteile zu beobachten, und versuchen, seine Reaktionen auf unser Handeln zu verstehen. Das ist es, was ich in meiner täglichen Arbeit den Menschen vermitteln möchte, mit denen ich in Kontakt komme und zusammenarbeite.

Supervision ist aus meiner Sicht ein Ort des Dialogs zwischen dem Eigenen und dem Fremden, und der Supervisor/die Supervisorin ist unparteiliche/r Vermittler/in. Jeder Beteiligter in Supervision und Coaching ist zu Beginn des Prozesses den anderen fremd: der Supervisor den Klienten und umgekehrt. In diesem Sinn ist die Anwesenheit des Supervisors bereits seine erste Intervention.

„Als Fremde(r) bin ich hier eine Art Türöffner, denn als Fremde(r) bin ich offensichtlich vertrauenerweckender als das Eigene und das Benachbarte. (...) Das Fremde ist nicht nur hilfreich, sondern bringt auch eine kreative Potenz zur Wirkung, in der Aufklärung, der Erkenntnisgewinnung und schließlich im Verstehen supervisatorischer Fallgeschichten, sei es in der eigenen Kultur und erst recht in der in der internationalen Zusammenarbeit. Denn hier kann neben die alltägliche Fremdheit noch die kulturelle Fremdheit treten, die die Befremdung in Arbeitsbezügen noch verstärkt. Die Fremdheit kann (...) wie ein Türöffner wirken, der lange verschlossene Räume öffnet und darin Inhalte, Fantasien und Träume entdeckt, die nun für die Arbeit fruchtbar gemacht werden können und zu neuen Einsichten und vor allem zu neuem Verstehen führen. Supervision ist in diesem Sinne ein essenzieller ‚Übergangsraum’, der (...) ein kreativer Spielraum für Neues ist.“
Elisabeth Rohr: Das soziale Unbewusste in der Supervision des Fremden: Erfahrungen in Südafrika, in Guatemala und in Ramallah/Westbank, in: supervision: Menschen – Arbeit – Organisation. Die Zeitschrift für Beraterinnen und Berater, 4/2015+1/2016, S.30